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Die richtige Pflege eines Taucherohrs
Geschrieben von Raimund Hölle

Ohrmuschel (©David Benbennick wikimedia commons) Eines der empfindlichsten Organe eines Tauchers ist sein Ohr.

Deshalb ist hier die richtige Pflege sehr wichtig.

Leider jedoch kursieren viele unsinnige Tipps und Ammenmärchen im Internet und seinen diversen Foren; deshalb möchte ich euch hier nun vorstellen, was ein erfahrener Tauchmediziner zu dem Thema rät.

Grundregeln

Bevor wir uns genauer anschauen, welche Probleme wir eigentlich bekommen können, gleich zum Einstieg zwei wichtige Grundregeln:

Hände weg vom gesunden Ohr!

Solange wir keine Probleme haben, hat am und im Ohr außer reinem Trinkwasser nichts etwas zu suchen!

Pflege und Behandlung

Ganz wichtig ist die Prophylaxe - damit können wir Probleme zum größten Teil vermeiden.

Wie wir bereits ganz zu Anfang gelesen haben, ist es wichtig, das Ohr nicht „zu  Tode zu pflegen”.

  • Also: Am gesunden Ohr haben die diversen „Taucherohrentropfen” nichts verloren! Alle diese Tropfen (egal, nach welchem Rezept) haben eines gemeinsam: sie zerstören das natürliche Ohrklima (den Ohrenschmalz!), genauso wie übermäßiges Ohrenputzen. Da hilft auch nicht, nach dem Ausputzen mit Ehmscher Lösung & Co. den Gehörgang wieder mit Mandelöl oder ähnlichem zu fetten - im Gegenteil, hierdurch entstehen schöne Bakterienbrutstätten.
  • Nach dem Tauchgang (vor allem im Meer, aber auch in Süßwasser) ist eine Spülung mit reinem Trinkwasser sehr empfehlenswert. Gute Dienste leistet hier eine 20ml-Spritze (natürlich ohne Nadel Überrascht, gibt's in jeder Apotheke für ein paar Cent).
  • Ganz wichtig: Ohr vor Zug schützen! Deshalb ist einer der wichtigsten Ausrüstungsgegenstände eines Tauchers eine Mütze oder ein Ohrenschützer!

Nur dann, wenn wir nach einem Tauchgang ein Jucken oder leichtes Brennen spüren, ist es Zeit für etwas anderes: 

  • Erst einmal: Hände weg! Auch wenn's juckt, nicht ständig mit dem Finger im Ohr rumpulen!
  • Dann das Ohr spülen, entweder mit:
    • 10 Tropfen Betaisodona / Isozid auf 10ml Wasser. Das Desinfektionsmittel Betaisodona (oder etwas vergleichbares) sollte sowieso in keiner Reiseapotheke fehlen.
    • Oder auch Taucherohrentropen - diverse Rezepte kursieren im Internet; das bekannteste sind die Ehmschen Tropfen aus dem Buch „Der neue Ehm. Tauchen noch sicherer. Tauchmedizin für Sporttaucher, Berufstaucher und Ärzte”.
      Allerdings ist fast allen diesen Rezepten gemein, dass Essigsäure oder eine andere Säure enthalten ist, die die Haut und den Gehörgang stark reizt. Deshalb ist in jedem Fall die erste Möglichkeit vorzuziehen.
  • Auch hier wieder kann uns eine kleine Spritze gute Dienste leisten. Anschließend mit reinem Trinkwasser nachspülen.

Mögliche ProblemeSchnitt durchs Ohr

Für uns Taucher kommen vor allem zwei Probleme in Betracht.

  • Gehörgangsentzündung
  • Mittelohrentzündung

Natürlich gibt es auch andere Schwierigkeiten, die aber bei weitem seltener vorkommen und wir deshalb hier einfach ignorieren.

Gehörgangsentzündung

Sollte unsere Prophylaxe versagt haben, kann es zu einer Gehörgangsentzündung kommen. Hier haben wir dann irgendwo im Gehörgang (also dem Teil des Ohrs, in den beim Tauchen Wasser gelangen kann, wie wir im Bild sehen) ein Bakteriennest und Entzündungsherd.

Dies verursacht unangenehme Schmerzen, von Jucken, Brennen bis zu einem Ziehen hinunter zum Kiefergelenk.

Eine Gehörgangsentzündung muss auf alle Fälle behandelt werden, damit sich die Infektion nicht ausweitet. 

Wir sind damit nicht unbedingt tauchuntauglich, solange unser Druckausgleich klappt; besser ist es jedoch allemal, einen Tauchgang auszusetzen.

Was machen wir, wenn es doch soweit kommt?

Grundsätzlich gilt:

    • Sobald wir Probleme mit den Ohren haben, gehen wir zum Arzt! Eine falsche Behandlung einer Ohrenerkrankung kann zu bleibenden Schäden und Tauchuntauglichkeit führen!
    • Eine Selbstbehandlung wie hier beschrieben dürfen wir höchstens dann durchführen, wenn kein Arzt verfügbar ist, z. B. während einer Tauchsafari!
    • Allerdings müssen wir dennoch so bald wie möglich einen Arzt aufsuchen!

Hier helfen letztendlich nur Antibiotika.

Die idealen Tropfen sind Otospirin bzw. Panotile. Dies sind Kombipräparate aus Antibiotika und Corticosteroiden, z. B. Kortison / Hydrocortison. (Hinweis: auf keinen Fall reine Kortisontropfen verwenden!)

Wir nehmen die Tropfen nach Abklingen der Entzündung noch einen Tag länger.

Da die Tropfen auch schmerzstillend sind, könnte es sein, dass wir weniger Gefühl im Trommelfell haben und dann möglicherweise den Druckausgleich zu spät durchführen. Wir sollten also nach der Anwendung der Tropfen zumindest ein, zwei Stunden Tauchpause einlegen – am Besten jedoch gehen wir erst nach Abklingen der Infektion wieder tauchen.

  • In den meisten Ländern sind diese Mittel frei erhältlich, heißen jedoch mal Otospirin, mal Panotile (oder auch Panotil). In Deutschland und Österreich benötigen wir ein Rezept, aber es sollte kein Problem sein, dies nach entsprechender Beratung von unserem Hausarzt zu erhalten.
  • Hinweis zu Panotile: Es werden auch Tropfen mit der Bezeichnung Panotile Cipro verkauft. Diese enthalten jedoch ausschließlich ein Antibiotika (Ciprofloxacin); der entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkstoff fehlt, weshalb diese Tropfen nicht ideal sind.
  • Ergänzung: Seit 2014 sind Otospirin wie auch Panotile zumindest in Deutschland nicht mehr erhältlich; in den Arzneimittelverzeichnissen von Österreich und der Schweiz werden sie weiterhin gelistet. Ein alternatives Präparat ist z. B. InfectoCiproCort.

Mittelohrentzündung

Bei der Mittelohrentzündung sitzt der Entzündungsherd hinter dem Trommelfell (von außen gesehen).

Unterscheidung zur Gehörgangsentzündung

Dies ist leider für uns Laien und das arme Opfer selbst gar nicht einfach, da sich die Symptome ähneln und der Schmerz nicht exakt lokalisiert werden kann.

Bei Fieber und Übelkeit jedoch ist es wahrscheinlich, dass es sich um eine Mittelohrentzündung handelt.

Behandlung 

Idealerweise gehen wir damit zum Arzt. Sollte jedoch kein Arzt erreichbar sein, helfen auch hier nur Antibiotika - logischerweise jedoch keine Ohrentropfen (schließlich sitzt die Entzündung ja hinter dem Trommelfell), sondern nur Tabletten.

Gute und relativ verträgliche Präparate sind:

  • Ciproxin (oder Ciprofloxacin)
  • Clavamox. Dies dürfen wir jedoch nur dann nehmen, wenn wir sicher wissen, dass wir keine Penicillinallergie haben!

Achtung: Wir sind bei Fieber, Übelkeit oder Einnahme dieser Antibiotika grundsätzlich tauchuntauglich!

Hinweise zu Medikamenten:

Generell haben sämtliche Medikamente Nebenwirkungen und dürfen unter bestimmten Bedingungen nicht verwendet werden (Kontraindikationen).

Deshalb müssen wir, bevor wir diese Medikamente in unsere Reiseapotheke packen, uns erst durch unseren Hausarzt beraten lassen und sollten aufmerksam die beiliegende Gebrauchsinformationen lesen!

  • Hinweise auf Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen beachten
  • Dosierungs- und Anwendungsvorschriften einhalten
  • Verfallsdatum der Medikamente prüfen
Letzte Aktualisierung ( Monday, 01. May 2017 )